Katar
tritt aus der Opec aus und die offizielle Begründung, man wollte
sich statt des Öls nun auf die Erdgasförderung konzentrieren,
klingt reichlich dünn. Die Preisstürze beim Öl haben doch ohnehin
alle Opec-Staaten gezwungen, nach Alternativen zu suchen, ohne dass
sie deswegen gleich die Tür hinter sich zugeschlagen hätten. Was
also ist für den Emir von Katar anders?
Nun,
Katar kooperiert bei der Ausbeutung eines Erdgasfeldes vor seiner
Küste mit dem Iran und der Iran wiederum ist der grösste Rivale
Saudi-Arabiens, das die Opec dominiert.
Das
wiederum sieht auf den ersten Blick nur aus wie jene
arabisch-persische Rivalität, die man schon aus vergangenen
Jahrhunderten kennt, aber dank der Globalisierung ist diesmal ein
Akteur im Spiel, von dem man früher nichts ahnte: Rotchina.
Iran
hat im Mai 2012 den Renmimbi als Zahlungsmittel für sein Öl
akzeptiert, d. h., dieses Geschäft läuft seither am Dollar vorbei.
Das erscheint für den Iran auf den ersten Blick als Verlustgeschäft,
denn der Renmimbi ist auf dem Weltmarkt weniger wert als der Dollar,
aber man hatte keine andere Wahl, als sich von China abhängig zu
machen, denn die einzige Alternative wäre es gewesen, unter den
westlichen Sanktionen zusammenzubrechen und so ist der reine
Machterhalt für die Mullahs schon ein Gewinn. China brauchte nur zu
warten, bis Teheran weichgekocht war, siehe Strategem Nummer 9 „Das
Feuer am gegenüber liegenden Ufer beobachten“. Unausgesprochen,
aber als Drohkulisse wirksam war dabei ausserdem die chinesische
Präsenz im benachbarten Pakistan, das ist Strategem Nummer 10
„Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen“.
Unter
dem seither stetig gewachsenen chinesischen Einfluss wiederum zeigt
sich Teheran gegenüber anderen Golfstaaten relativ konziliant und
das hat den Emir von Katar, Tamim bin Hamid al Thani, zu der Ansicht
gebracht, Zusammenarbeit und Profit wären ein besserer Weg als die
Eitelkeiten Riads. Früher musste man sich notgedrungen mit den
Saudis arrangieren, heute gibt es Alternativen und die
China-Connection als eine engere Verbindung zur Weltmacht Nummer eins
ist die beste Alternative zu Riad, die sich denken lässt. Man
bedenke dabei auch den kulturellen Hintergrund: Das Zinsverbot im
Islam hat seine Bekenner schon immer zu wagemutigen Geschäften
angespornt und in der asiatisch-arabischen Kooperation winken so
gigantische Profite, dass es für beide Seiten reicht. Spontan fallen
mir ein: vom Tourismus über Bildung bis zum Aufbau von
Privatkliniken mit Gentherapien, kurzum, Erdgas ist nur der Anfang.
Man kann also nicht einmal behaupten, dass Katar dabei etwas
verlieren würde.
Ergebnis:
China hat die Opec gespalten, ohne dass sein Wirken jemandem auffiel,
das ist ein strategisches Meisterstück. Neben dem stärkeren
Einfluss auf Katar selbst hat das noch eine weitere Bedeutung: Wenn
man die Opec schwächt, entsteht ein Machtvakuum und das wird China
ausfüllen. Auf der einen Seite über Pakistan und den Iran zum Golf
kommend, auf der anderen von Ostafrika über Ägypten – man sehe
sich die dortigen chinesischen Investitionen an – bis zum Roten
Meer, ist man in der idealen Position, um die Arabische Halbinsel in
die Zange zu nehmen.
HALT!,
ruft da der triumphierende Kritiker, ich habe den Gegenbeweis, denn
der Iran ist ja noch in der Opec. Wenn du recht hättest, Klaus Gieg,
müssten die Mullahs doch schon längst ausgetreten sein! Hehe, erwischt!
Du
armer, armer Kritiker.
Wenn
der Iran als Erster austreten würde, dann würde jedermann auf
chinesische Einflüsse tippen und deswegen hat man Katar den Anfang
machen lassen. Von jetzt an wird nämlich bei jedem weiteren Staat,
der die Opec verlässt, nur noch mit den Schultern gezuckt und gesagt
„na klar, das haben Andere doch auch schon getan“ und niemand
wird mehr nach den Hintergründen forschen.
Mit
anderen Worten: Kritiker, du bist auf die umfassend durchdachte
chinesische Strategie hereingefallen, denn die ist immer auch mit
Täuschungsmanövern verbunden. Lies die 36 Strategeme, was du bisher
nie getan hast, sieh dir die chinesischen Aktivitäten im Nahen Osten
mal etwas genauer an, was du bisher auch nicht getan hast und dann
können wir weitersehen.
Ausserdem:
Selbst wenn du recht haben solltest und ich mit diesem Text hier
völlig falsch läge, was hättest du damit erreicht? Einen Triumph
über mich, der ich nur ein kleines Licht bin? Glückwunsch zu diesem
Erfolg. Du solltest deine Gehirnkapazität lieber darauf verwenden,
über die wichtigen Dinge nachzudenken.
Zum
Beispiel darüber, was DU unseren neuen Herren anzubieten hast.