Dienstag, 22. Januar 2019

Chinas neuestes Meisterstück

Katar tritt aus der Opec aus und die offizielle Begründung, man wollte sich statt des Öls nun auf die Erdgasförderung konzentrieren, klingt reichlich dünn. Die Preisstürze beim Öl haben doch ohnehin alle Opec-Staaten gezwungen, nach Alternativen zu suchen, ohne dass sie deswegen gleich die Tür hinter sich zugeschlagen hätten. Was also ist für den Emir von Katar anders?

Nun, Katar kooperiert bei der Ausbeutung eines Erdgasfeldes vor seiner Küste mit dem Iran und der Iran wiederum ist der grösste Rivale Saudi-Arabiens, das die Opec dominiert.

Das wiederum sieht auf den ersten Blick nur aus wie jene arabisch-persische Rivalität, die man schon aus vergangenen Jahrhunderten kennt, aber dank der Globalisierung ist diesmal ein Akteur im Spiel, von dem man früher nichts ahnte: Rotchina.
Iran hat im Mai 2012 den Renmimbi als Zahlungsmittel für sein Öl akzeptiert, d. h., dieses Geschäft läuft seither am Dollar vorbei. Das erscheint für den Iran auf den ersten Blick als Verlustgeschäft, denn der Renmimbi ist auf dem Weltmarkt weniger wert als der Dollar, aber man hatte keine andere Wahl, als sich von China abhängig zu machen, denn die einzige Alternative wäre es gewesen, unter den westlichen Sanktionen zusammenzubrechen und so ist der reine Machterhalt für die Mullahs schon ein Gewinn. China brauchte nur zu warten, bis Teheran weichgekocht war, siehe Strategem Nummer 9 „Das Feuer am gegenüber liegenden Ufer beobachten“. Unausgesprochen, aber als Drohkulisse wirksam war dabei ausserdem die chinesische Präsenz im benachbarten Pakistan, das ist Strategem Nummer 10 „Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen“.
Unter dem seither stetig gewachsenen chinesischen Einfluss wiederum zeigt sich Teheran gegenüber anderen Golfstaaten relativ konziliant und das hat den Emir von Katar, Tamim bin Hamid al Thani, zu der Ansicht gebracht, Zusammenarbeit und Profit wären ein besserer Weg als die Eitelkeiten Riads. Früher musste man sich notgedrungen mit den Saudis arrangieren, heute gibt es Alternativen und die China-Connection als eine engere Verbindung zur Weltmacht Nummer eins ist die beste Alternative zu Riad, die sich denken lässt. Man bedenke dabei auch den kulturellen Hintergrund: Das Zinsverbot im Islam hat seine Bekenner schon immer zu wagemutigen Geschäften angespornt und in der asiatisch-arabischen Kooperation winken so gigantische Profite, dass es für beide Seiten reicht. Spontan fallen mir ein: vom Tourismus über Bildung bis zum Aufbau von Privatkliniken mit Gentherapien, kurzum, Erdgas ist nur der Anfang. Man kann also nicht einmal behaupten, dass Katar dabei etwas verlieren würde.

Ergebnis: China hat die Opec gespalten, ohne dass sein Wirken jemandem auffiel, das ist ein strategisches Meisterstück. Neben dem stärkeren Einfluss auf Katar selbst hat das noch eine weitere Bedeutung: Wenn man die Opec schwächt, entsteht ein Machtvakuum und das wird China ausfüllen. Auf der einen Seite über Pakistan und den Iran zum Golf kommend, auf der anderen von Ostafrika über Ägypten – man sehe sich die dortigen chinesischen Investitionen an – bis zum Roten Meer, ist man in der idealen Position, um die Arabische Halbinsel in die Zange zu nehmen.

HALT!, ruft da der triumphierende Kritiker, ich habe den Gegenbeweis, denn der Iran ist ja noch in der Opec. Wenn du recht hättest, Klaus Gieg, müssten die Mullahs doch schon längst ausgetreten sein! Hehe, erwischt!

Du armer, armer Kritiker.
Wenn der Iran als Erster austreten würde, dann würde jedermann auf chinesische Einflüsse tippen und deswegen hat man Katar den Anfang machen lassen. Von jetzt an wird nämlich bei jedem weiteren Staat, der die Opec verlässt, nur noch mit den Schultern gezuckt und gesagt „na klar, das haben Andere doch auch schon getan“ und niemand wird mehr nach den Hintergründen forschen.
Mit anderen Worten: Kritiker, du bist auf die umfassend durchdachte chinesische Strategie hereingefallen, denn die ist immer auch mit Täuschungsmanövern verbunden. Lies die 36 Strategeme, was du bisher nie getan hast, sieh dir die chinesischen Aktivitäten im Nahen Osten mal etwas genauer an, was du bisher auch nicht getan hast und dann können wir weitersehen.

Ausserdem: Selbst wenn du recht haben solltest und ich mit diesem Text hier völlig falsch läge, was hättest du damit erreicht? Einen Triumph über mich, der ich nur ein kleines Licht bin? Glückwunsch zu diesem Erfolg. Du solltest deine Gehirnkapazität lieber darauf verwenden, über die wichtigen Dinge nachzudenken.

Zum Beispiel darüber, was DU unseren neuen Herren anzubieten hast.