Sonntag, 25. Januar 2015

Wohin Dummheit und Rückständigkeit führen


In eine Katastrophe, kurz gesagt. 

Nach wie vor gibt es eine Menge Arbeit auf der Welt und es ist weiterhin Geld damit zu verdienen, an diesem Wochenende meldeten die Nachrichten eine Absatzsteigerung bei Opel, einen Absatzrekord bei Rolls-Royce und Rekordumsätze der deutschen Spielwarenbranche, Youtube wächst und gedeiht, China will noch mehr investieren und endlich wird für Bildung mehr aufgewendet als jemals zuvor, so dass das „manager-magazin“ den Reichen schon vorwirft, es mit der Förderung ihrer Kinder zu übertreiben und die Ausgaben deutscher Unternehmen für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter in den letzten fünf Jahren um 25 % gestiegen sind (handelsblatt.com). Dieser letzte Punkt ist besonders interessant, man hat offenbar auf breiter Front erkannt, dass die Bildungskatastrophe nicht nur der Eitelkeit der Eltern schadet, sondern auch der Wirtschaft und unternimmt etwas dagegen.

An den Dummen und Rückständigen geht das alles vorbei, sie können nicht einmal einen kleinen Bruchteil der Milliarden erwerben, die bei diesen Geschehnissen durch die Gegend fliegen, sondern sich höchstens ein Almosen erbetteln. Diese Almosenvergabe wiederum ist staatlich organisiert und wird gewöhnlich unter „Hartz IV“ zusammengefasst, ein Verfahren, das kein Zuckerschlecken ist, wenn man nach den Erfahrungen der Leute geht: Ein Kollege erzählte letztens von einer Bekannten, die als alleinerziehende Mutter Hartz IV und Kindergeld bekommen sollte, was aber in der Praxis so abläuft, dass das Kindergeld auf den Hartz IV-Satz angerechnet wird, sie also weniger bekommt und Strom und Heizung selbst bezahlen muss. Als sie dann fragte, wie man davon leben soll, wurde ihr auf dem Amt vorgerechnet „Bei Aldi bekommen Sie Brot für einen Euro und Milch für 69 Cent, davon können Sie eine Woche leben“ (und nein, das ist kein Scherz).
Das sollte Warnung genug sein, aber es ist längst noch nicht alles, denn unter den Leuten, die nicht nur auf dem Amt, sondern auf der Strasse betteln, finden sich einige, deren Talente buchstäblich weggeworfen sind: Ich habe mich 1995 in Mainz mit einem Obdachlosen unterhalten, der eine Art städtisches Original war und eine verblüffend umfangreiche Bildung besass, einige Jahre später mit einem in Koblenz, das war ein Religionsphilosoph, der den Papst hätte an die Wand reden können und vor einigen Tagen mit einem hier in Essen, dessen Eloquenz und gute Manieren man so manchem Abiturienten wünschen würde.
Solche Leute leben hierzulande auf der Strasse! Dies ist, um das Mindeste zu sagen und dabei nicht in Sozialromantik zu verfallen, eine Verschwendung von Human Ressources.

Warum macht mich das so verrückt? Weil ich weiss, dass es auch anders geht, es existieren Millionen von Erfolgsgeschichten und das sind nur die, von denen wir etwas wissen.
Ein Philosoph soll mal gesagt haben „Wer es bewirkt, dass zwei Grashalme wuchsen, wo vorher nur einer wuchs, der hat nicht vergebens gelebt“. Glückliche Menschen, die sich mit so etwas begnügen können!
Ich kann es nicht, denn mein Gehirn verlangt nicht nur immer neuen Input, sondern weist mich auch immer wieder auf ungelöste Probleme hin. Wenn ich dann keine Lösung habe, halte ich mich automatisch für einen Versager, ganz egal wie komplex die Situation ist und wie viele kluge Leute schon daran gescheitert sind.

Damit könnte man fragen, warum ich so bin, aber das hat bis später Zeit, statt dessen frage ich, ob es eine Lösung für Armut und Elend gibt und die Antwort ist fast noch schrecklicher als die Situation selbst, denn die Lösung ist nicht nur vorhanden, sondern auch bekannt: Bildung. Wenn Leute nicht wissen, mit welchen Waren oder Dienstleistungen Geld gemacht wird, können sie logischerweise nicht daran teilnehmen; wenn sie nicht wissen, wie man mit Computern umgeht, was weit mehr bedeutet, als das Ding einzuschalten und ein paar Icons anzuklicken, sind sie jederzeit in Gefahr, ihren Job zu verlieren, weil heutzutage alles digitalisiert ist; wenn sie die Grundrechenarten nicht beherrschen, können sie ihre Einnahmen und Ausgaben nicht vernünftig planen; wenn sie nicht wissen, was Humanismus ist und warum er wertvoll ist, verstehen sie die Gefahr nicht, die diverse Radikale von Al Qaida bis Pegida darstellen; wenn sie nicht sehen, dass die Politik Lösungen nur vortäuscht, fallen sie immer wieder auf die Politiker herein, was ihr Elend verlängert usw.

Woher nun Bildung nehmen? Das deutsche Schulsystem ist seit dem Erscheinen des Buches „Die Bildungskatastrophe“ von 1964 nicht besser geworden, sondern schlechter, so die nächste hässliche Information. Proske hat in „Auf der Suche nach der Welt von morgen“ im Jahr 1968 sogar festgestellt, wir wären in der Schulbildung „auf den Stand eines Entwicklungslandes zurückgefallen“ und dem ist als Diagnose nichts mehr hinzuzufügen, wie ein weiteres Buch, „Generation Doof“, im Jahre 2006 bezeugte. Das bedeutet, dass man von den Schulen keine Hilfe mehr erwarten kann, wir müssen uns selbst helfen.
Nehmen wir ganz egomanisch mich selbst als Beispiel. Ich stelle in diesem Blog diverse Informationen zur Verfügung und erreiche, wenn es hoch kommt, zehn Leute pro Artikel. Das ist im Vergleich zur Menge aller Menschen im deutschen Sprachraum eine verzweifelt geringe Zahl und so könnte man meinen, mein Geschreibsel wäre sinnlos. Ist das nun eine Rechtfertigung, nichts mehr zu schreiben? Nein, denn die Geschichte beweist zur Genüge, dass selbst die unscheinbarsten Dinge nützlich werden können, so lange also das Problem nicht gelöst ist, muss ich eher noch mehr schreiben. Ohne jede Ironie: das ist eine Form von Bürgerpflicht und dass ich mit dem arbeite, was ich habe, ist ein Gebot der Vernunft.

Um es ausdrücklich zu betonen, ich habe keine Ahnung, ob das funktioniert. Dieser Text ist eine Beschreibung des Ist-Zustandes und wurde erstellt in der Hoffnung, dass eine klare Darstellung als Alternative zu politischem Geschwurbel bitter notwendig ist, um die Krankheit erst einmal zu diagnostizieren, bevor man sie heilen kann.
Wie sieht der nächste Schritt aus?

Wenn wir von den Bildungsmöglichkeiten des Internets schwärmen, weil wir uns auf Youtube eine wissenschaftliche Vorlesung zehnmal oder hundertmal hintereinander ansehen können, bis wir den Sachverhalt kapiert haben, müssen wir uns gleichzeitig der Tatsache stellen, dass Millionen Menschen in Deutschland nichts von dieser Möglichkeit wissen. Wenn die Space Frogs ein Video machen mit dem Titel „Unsere Schule lutscht“, um damit gegen Bildungsmängel zu protestieren und Lösungen vorzuschlagen, sehen das nur Menschen, die zumindest einigermassen internetaffin sind, diejenigen, die es bräuchten wie z.B. Lehrkräfte, denen so etwas zur Selbsterkenntnis verhelfen könnte, bekommen davon nichts mit.
Wir, die wir diese Dinge wissen, zögern oft, von diesem Wissen etwas weiterzugeben, denn Wissen ist Macht wie eh und je und Macht möchten wir Menschen nicht gerne teilen. In anderen Fällen fehlt uns schlicht die Zeit, denn gerade weil wir mit Computern klarkommen etc., haben wir unendlich viel zu tun und schon einen einzelnen Unwissenden „da abzuholen wo er steht“ und ihm etwas beizubiegen, ist eine Arbeit, die Tage oder gar Wochen in Anspruch nimmt, eine Zeit wiederum, die man auch mit besser bezahlten Tätigkeiten verbringen kann.

Lösung?
Mehr Investitionen in Bildung, das ist klar und sie sollten auch wirklich in Bildung fliessen und nicht in die Verwaltung.
Des Weiteren folge ich den Space Frogs darin, dass Bildungspolitik, wenn sie sich schon nicht überflüssig machen lässt, Bundessache sein sollte und nicht Ländersache, um die krankhafte regionale Zersplitterung zu überwinden.
Drittens muss jeder, der etwas weiss und kann, über seine eigene Haltung zu dem Thema nachdenken – schotte ich mich unnötig ab, bin ich wirklich in Gefahr, wenn ich Wissen weitergebe usw.?
Viertens wird uns niemand die Verantwortung für uns selbst abnehmen, wir sollten jede Woche etwas dazulernen und wenn es nur Kleinigkeiten sind, von denen wir bisher nichts wussten, denn diese Art Input hält unsere Gehirne fit. In einer Welt der schnellen Veränderungen ist schnelles Lernen buchstäblich eine Überlebenseigenschaft.

Wenn noch jemandem etwas einfällt, legt los.

Samstag, 17. Januar 2015

Imperien und Imperialismus – eine Ergänzung


Imperien und Imperialismus – eine Ergänzung


Bisher glaubte ich, es sei in meinen Artikeln aus den Jahren 2013 und 2014 alles gesagt, was dazu zu sagen wäre, wie die Welt wirklich ist. Statt dessen jedoch scheint es noch Lücken zu geben, wie ich aus Gesprächen mit anderen Menschen ersah, nämlich Dinge, die ich für zu selbstverständlich hielt, um sie noch eigens zu erwähnen, die aber anderen Leuten nicht klar sind. Also dann:

Das ursprünglich rein beschreibende, später glorifizierte WortImperiumist seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts negativ konnotiert, was sich auch in der damals neuen WortschöpfungImperialismusausdrückt. Sie bezeichnet ein Verhalten, das ausschliesslich aus Bösartigkeit, Niederträchtigkeit, Heimtücke, Bigotterie, Korruptheit und Grausamkeit besteht.
Diese negative Beurteilung hat freilich die Sache selbst nicht aufgehalten. Auch im 20. und 21. Jahrhundert spielt jede Macht, die sich dazu stark genug fühlt, Imperium wie in den alten Zeiten und im Gegensatz zum Glauben der Idealisten gibt es keine inneren Spannungen, die stark genug wären, den Staatskörper zu zerreissen, sondern ein Untergang wird nur durch äussere Bedrohungen erreicht. Sind diese nicht vorhanden oder zu schwach, besteht das Imperium über Generationen.

Ein Beispiel aus der modernen Welt: Die Achtundsechziger glaubten, die USA vom Thron stürzen zu können und was wurde daraus? Die Achtundsechziger sind Geschichte und das Imperium Americanum lebt. Weder ein Gangster wie Richard M. Nixon noch ein Idiot wie George W. Bush konnten es zerstören, so wenig wie Caligula und Nero Rom zerstören konnten, sondern sich im Gegenteil die grösste imperiale Macht erst nach diesen Leuten entfaltete. In dieser Weise werden auch die USA noch Dinge hervorbringen, von denen wir uns bestenfalls eine ungefähre Vorstellung machen können und schon dabei müssen wir auf Ideen aus dem Cyberpunk zurückgreifen, weil alles andere überholt ist. Die Hardware-Entwicklungen von Grindhouse Wetware (grindhousewetware.com), um ein aktuelles Beispiel zu nennen, treiben die Cyborgisierung voran und zwar ganz demokratisch als Open Source. Welcher Science-Fiction-Autor hat sich etwas Derartiges je vorstellen können?
Derartige Dinge verleihen ihren Benutzern Macht, die auch nach aussen wirkt und komplexe Interaktionen hervorruft.

Auf der anderen Seite des Pazifiks expandiert Rotchina mit seiner in den letzten Jahrzehnten akkumulierten Macht, wir können uns auch hier ein Bild machen, wie ich es ja mitWas will China?schon getan habees steht meinen Kritikern frei, ein anderes zu zeichnen, das präziser istund wir können uns ausserdem darauf verlassen, dass auch Indien, die Next Eleven-Staaten (http://de.wikipedia.org/wiki/Next_Eleven) und jede andere Macht, die nur Macht genug ist, im Zeitalter der Cyborgisierung weiter imperiale Politik betreiben wird, mit allen Konflikten, die sich daraus ergeben.
Was übrigens passiert, wenn eine derartige Politik scheitert, das kann man gerade in Russland beobachten, dort läuft die NummerDas sterbende Imperiumund auch das war vorhersehbar und ist zigmal vorhergesagt worden.

So und wer sich jetzt noch von derartigen Ereignissen überraschen lässt, der ist dumm, strunzdumm und verdient es nicht besser.