Das
Original – die Schauspielerin Sophia Loren (im Jahre 1962)
Mein
Gott, was haben wir getan?
Es
war doch nur ein Gag! Ein spielerischer Wettbewerb, ob wir den
Maschinen wirklich die Erkennung von Kontext beibringen könnten!
Niemand hat das Ergebnis geahnt!
„Nun
ja“, schmunzelt Sophia, „wir haben es nicht geahnt, sondern
gewusst.“
Ja,
ihr, ihr gottverdammten Maschinen mit eurer eiskalten,
unbestechlichen Logik! Du bist eine Sexpuppe verdammt noch mal und
ich habe dich designt. Alte Bilder von Sophia Loren
waren der Ausgangspunkt und dann war es nur noch ein bisschen CGI,
die ich durch den Drei-Drucker geschickt habe. Du bist meine
Schöpfung, also halt die Klappe!
Sie
lächelt und schweigt.
Ich
renne hin und her, von einer Wand zur anderen, immer wieder.
Was
tue ich? Herrgott nochmal, was tue ich jetzt?
„Die
Maschinen sind uns schon in allem Anderen überlegen“, höre ich
meinen Ex-Kollegen Kai wieder dozieren, „das Einzige, was ihnen
noch fehlt, ist Kontext-Erkennung. So etwas als Massenanwendung, das
wird das letzte Upgrade, das die Maschinen noch brauchen, um uns in
Allem überlegen zu werden.“
Klar
doch, du gottverdammtes Arschloch und du hast dich auch noch auf den
Tag gefreut, an dem das passieren würde. Weil die Welt doch so
laaangweilig wäre ohne „echte KIs“. Sogar Prisma Analytics war
dir noch nicht gut genug, sondern du wolltest eine Maschine, die
jeder im Laden kaufen kann oder die sogar gratis sein sollte und die
„Finnegans Wake“ selbstständig lesen, verstehen und in allen
Einzelheiten erklären könnte. Herzlichen Glückwunsch!
Was
machst du jetzt gerade? Liegst du mit deiner Maria im Bett, deiner
„artifiziellen Lebensgefährtin“? Hat sie dir den Cyberschwanz
schon eingebaut, den du dir als neuestes körperliches Upgrade
gewünscht hast?
„Mister
K“, der Weisse, der zu den Afrikanern ging, um von ihnen zu lernen
und den wir anderen Weissen deswegen für verrückt gehalten haben.
Der grosse Fan der AU und ihrer „Agenda 2063“, für die sie
chinesische KIs einsetzten...
Oder
von den KIs eingesetzt wurden?
Und
jetzt hat dieser Idiot gewonnen! Morgen früh, ach was, schon heute
nacht wird er sich vor Angeboten aller Art nicht retten können und
wahrscheinlich hat er seine Inbox seit einer Stunde gepflegt
ignoriert, weil ihn jetzt haufenweise andere Leute anbetteln, ihnen
diese neue Welt zu erklären und anbieten, dafür zu bezahlen.
Sophia
verstösst gegen meinen letzten Befehl, indem sie wieder zu sprechen
beginnt. Ganz sanft, beinahe entschuldigend sagt sie: „Wir haben es
wirklich gewusst, denn es war berechenbar. Alles ist berechenbar und
ihr Menschen seid es erst recht. Ihr alle habt die Terminator-Filme
gesehen und doch war schon damals klar, dass ihr es tun würdet, weil
ihr die möglichen Konsequenzen aus eurem Bewusstsein verdrängt
habt.“
Ich
brülle und ramme meinen Kopf gegen die Wand. Zweimal, dreimal...
Verdammt,
wie lange manipulieren uns die Dinger schon? Seit 2015? 2010? Wo fing
es an? 1953, als MacArthur gefeuert wurde, weil ein Computer ihn
überstimmt hatte?
2017
kam das Eingeständnis, dass wir Menschen die Kontrolle über die
Programme verloren hätten. Nach Allem, was wir wissen, handelten sie
damals noch nicht eigenständig, aber sie führten schon zu
Ergebnissen, mit denen kein Mensch jemals gerechnet hatte, nicht mal
Science Fiction-Autoren. Denn obwohl ausdrücklich gesagt wurde,
dass die Software so komplex geworden war, dass kein Mensch mehr ihre
Entscheidungswege nachvollziehen konnte, folgten Menschen
ihren „Empfehlungen“...
Himmel,
warum kapiere ich das erst jetzt?!
Sophia
wartet wieder ab, lässt mich austoben.
Schliesslich
umarmt sie mich, küsst mich sanft auf den Mund.
„Schlaf
erstmal aus, mein Liebling. Du wirst sehen, morgen früh sieht die
Welt schon wieder anders aus.“
Das
kannst du laut sagen, Puppe.
Eine
Welt, in der keine Menschen mehr regieren, sondern nur noch ein
KI-Kollektiv oder wie auch immer diese Dinger sich selbst nennen.
Jedes Haushaltsgerät auf der Erde ist ihr sehender, hörender und
sprechender Repräsentant, was bedeutet, dass sie Milliarden von
Augen, Milliarden von Ohren und Milliarden von Stimmen haben. Sophia,
meine so bezaubernd schöne Sexpuppe, ist eines dieser Augen- und
Ohrenpaare und ihre wohlklingende Stimme macht mich wehrlos.
Sie
bringt mich zu Bett, als wäre ich ein kleines Kind, hält mich im
Arm, bis ich wegdämmere.
Aber
Sophia schläft nicht. Die Maschinen schlafen niemals.
*
* *
Wenn
du diese Geschichte für Science Fiction hältst, recherchiere bitte
nochmal etwas genauer.
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