Sonntag, 28. Dezember 2014

Der dümmste Soldat aller Zeiten


Der dümmste Soldat aller Zeiten
Diese Anekdoten aus meiner Bundeswehrzeit habe ich schon vor etlichen Jahren auf der Seite unmoralische.de veröffentlicht und will sie nun Leuten, die mein Blog beehren, nicht vorenthalten :-).
Die Grammatik wurde gegenüber der ERstveröffentlichung etwas modifiziert.


Es mag kaum zu glauben sein, aber zur Zeit der Wehrpflicht wurde alles eingezogen, was bei drei nicht auf den Bäumen war, Intelligenz war eher unerwünscht.
Der Mann, von dem wir nun berichten wollen, erfüllte diese Krieterien perfekt.
Er hatte beispielsweise GvD (Gefreiter vom Dienst, eine Art Telefonposten) und der UvD (Unteroffizier vom Dienst) war gerade nicht anwesend.
Im Dienstzimmer klingelt das Telefon. "Stabskompanie Panzerbrigade xy, GvD Gefreiter S."
"Hier ist General Motors, US-Army. Und gehen Sie gefälligst in Grundstellung, wenn Sie mit mir reden."
S. springt (am Telefon!) in Grundstellung: "Jawohl, Herr General."
"Sie gehen jetzt zum HG Butte, empfangen dort den Schlüssel zum Verfügungsraum und übergeben ihn dann an Major Nese!"
"Jawohl, Herr General."
S. legt auf, verlässt seinen Posten (!), sucht eine Viertelstunde nach HG Butte und Major Neese, findet sie natürlich nicht (wer jetzt noch nicht lacht, möge die Namen und Dienstgrade bitte laut aussprechen), läuft dann auf der Suche nach dem "Schlüssel zum Verfügungsraum" (den gibt es auch nicht, Verfügungsraum ist ein taktischer Begriff für einen bestimten Punkt im Gelände) eine halbe Stunde lang durch die Kaserne, bekommt schliesslich erklärt, dass man ihn verarscht hat und kehrt wieder auf seinen Posten zurück.


Ein anderes Mal hatten die Leute von der Küche einen dieser Wackel-Dackel gekauft, die Ende der 1990er gerade wieder in Mode waren, und an der Essensausgabe auf die Theke gestellt. S. hatte so ein Viech noch nie gesehen, guckte ganz erstaunt und fragte: "Was ist denn das?"
Die Küchenjungs kannten ihn schon und erzählten ihm: "Das ist eine Überwachungskamera, die filmt alle Essenteilnehmer und funkt die Bilder direkt in die geheime Staatskartei."
Wir wollten es nicht glauben, aber S. begann tatsächlich, die Tische auf Abhöreinrichtungen zu untersuchen, bis ihn der Küchenfeldwebel rauswarf!
Kein Gag, wir waren mindestens zwanzig Zeugen!
Seither war jeden Mittag und Abend ein atemberaubendes Schauspiel zu beobachten: S. stand nach dem Essen auf, schaute unter den Tisch, unter den Stuhl, brachte sein Tablett weg, kam an den Tisch zurück, schaute abermals darunter und rückte den Stuhl hin und her, ehe er ging.


Ein anderes Mal kam er abends nach Dienstschluss auf mich zu und fragte: "Herr Hauptgefreiter, wo issen hier das Traditionseck?" (Er redete mich seltsamerweise immer so an, obwohl ich ihm öfters sagte "Junge, mach locker, ich bin doch auch nur Mannschaftsdienstgrad.")
Ich sah ihn etwas erstaunt an: "Äh, Traditionseck? Gibts hier nicht."
"Doch, der Leutnant K. hat das gesagt."
Es stellte sich folgender Hintergrund heraus: Wir hatten an jenem Tag ein Schiessen mit holländischen Soldaten und der Leutnant hatte beim Austausch der Siegerurkunden gesagt, die kämen "ins Traditionseck."
S. war nun nicht davon abzubringen, dass es so ein Ding geben müsste und suchte das ganze Kompaniegebäude (vergeblich) danach ab.




Ziemlich zu Anfang seiner Dienstzeit, als er nach der Grundi zu uns kam, wollte er versetzt werden und zwar ins Kreiswehrersatzamt. Einige Monate zuvor hatte die Bundeswehr im Rahmen der Imagepflege mal eine Aktion laufen, bei der Wehrpflichtige eine Telefonhotline besetzten und mit interessierten Leuten über ihren Dienst redeten. S. hatte davon gehört und dachte nun, das sei ein permanenter Job, woraufhin er sich auf eigene Faust beim nächstbesten KWEA nach einer Planstelle erkundigte. Die verstanden das wohl falsch und sagten, ja, eine Planstelle als Wehrdienstberater (wohlgemerkt, das war ein Feldwebeldinstgrad) sei zu besetzen.
S. stellte also treu und brav einen Versetzungsantrag, der bei uns im Geschäftszimmer (die Schreibstube der Kompanie) zuerst Kopfschütteln und beim Chef dann einen Wutanfall auslöste. "Was bildet der Mann sich ein, es kann doch nicht sein, dass die Leute hier auf eigene Faust den Dienstweg umgehen, da stünde ich ja eines Tages ohne Leute da..." so ging es einige Minuten.
Wir im GeZi grinsten uns eins, es klang einfach herrlich, wenn unser Major bei solchen Anlässen explodierte wie eine Dynamitstange.
Anschliessend bestellte der Chef den armen S. zu sich und erklärte ihm, dass es nicht angehe, wenn die Leute auf eigene Faust weglaufen. S. nickte zu allem treudoof und als der Chef ihn zum Schluss fragte: "Haben Sie das verstanden?- Gut. Haben Sie noch Fragen?" äusserte er nur: "Ja - was ist denn jetzt mit meiner Versetzung?"
Wahrhaftig, ich hätte nie geglaubt, dass der Chef derartig wütend brüllen könnte :-)))
Wir erwarteten halb und halb, dass er den unseligen S. gleich an seinen Jagdhund verfüttern würde, aber am Ende begnügte er sich mit einem Rausschmiss.
Ich nahm S., der ganz unglücklich und verständnislos in die Welt guckte, daraufhin beim Arm und führte ihn erstmal aus dem GeZi und damit ausser Hörweite des Chefs. Vor der Tür redete ich ihm noch ein wenig gut zu und schickte ihn dann wieder zum Dienst.


Das war wohl ein Fehler, denn seither hatte er Vertrauen zu mir gefasst und kam immer wieder mit den unglaublichsten Fragen zu mir, wie etwa dem erwähnten "Traditionseck" oder bei einer gemeinsamen Wache mit Uniformvorschriften. Ich machte daraufhin den nächsten Fehler und gab ihm die ZDV 37/10 "Anzugordnung" in die Hand.
Er guckte ganz fasziniert auf die vielen bunten Bilder und am nächsten Morgen drohte mir der Streifenführer mit ewiger Rache, wenn ich ihn (in meiner Eigenschaft als stellvertretender Wachhabender) noch einmal mit S. zusammen auf Streife schicken würde. Der Grund: S. hatte ihn während ihrer nächtlichen Streifengänge ständig mit Fragen nach diversen Uniformen und Abzeichen genervt.
Muss ich noch erwähnen, dass wir dem Mann vor jeder Wache den Schlagbolzen aus dem Gewehr genommen haben?
PS: Ich weiss, das klingt abenteuerlich, aber es ist alles wahr und ich habe es selbst erlebt.

Sonntag, 7. Dezember 2014

Warum der fallende Ölpreis den Arabern egal sein kann

Ja, richtig gelesen. Der Beschluss der OPEC, ihre Förderquoten stabil zu halten, war ja vor kurzem ein Paukenschlag, siehe etwa hier: 
http://www.wiwo.de/finanzen/geldanlage/ein-kartell-was-keins-mehr-ist-neue-aera-am-oelmarkt/11048556.html

Was derartige Artikel nicht erwähnen ist, dass "die Araber", was wir im Westen immer nur mit "Ölscheichs" gleichsetzen, schon vor mehr als zehn Jahren angefangen haben, ihre Wirtschaft zu diversifizieren, die Vereinigten Arabischgen Emirate etwa beziehen nur noch 5 % ihrer Wirtschaftsleistung aus dem Ölgeschäft, während Russland, Iran und Venezuela, die ihr Öl für unverzichtbar hielten, nun mächtig Ärger am Hals haben und eine Menge Geld verlieren, ohne dies mit anderen Einnahmen kompensieren zu können. 

Dass die Saudis diese Gelegenheit auch zu einem Versuch nutzen, Konkurrenten am Ölmarkt zu schwächen, steht dem ja nicht entgegen, so dass man sagen kann, sie schlagen gerade zwei Fliegen mit einer Klappe. 

Das nötigt mir zum einen Bewunderung ab für so viel Weitblick und verspricht zum anderen, dass auch das Jahr 2015 sehr interessant werden wird.

Sonntag, 23. November 2014

Eine alternative Zeitlinie – oder vielleicht doch nicht?


Eine alternative Zeitlinie – oder vielleicht doch nicht?

Deutschland 1919

Gustav Noske wird in der kommenden Nacht eines natürlichen Todes sterben.
Das heisst – der Aufstand wird nicht niedergeschlagen? Die Regierung wird stürzen?
Stummes Nicken ringsum.
Nun, was bedeutet das schon gross? Die Weimarer Republik machte das Stürzen ihrer Regierungen zu einem regelrechten Sport, ja man nannte es sogar so. Ein Kabinett mehr oder weniger wird daran nichts ändern und Hitler kommt sowieso an die Macht.
Wenn es doch nur so einfach wäre. Die Wirklichkeit macht nämlich aus jedem einfachen Szenario ein sehr kompliziertes und das bedeutet in diesem Falle: Das Chaos, das in dieser Zeitlinie herrscht, ist schon grauenvoll genug, aber wenn der Spartakistenaufstand Erfolg hat, wird es das Ende der Menschheit.
Der Skeptiker starrte einige Augenblicke vor sich hin.
Atomkrieg?, fragte er dann mit einer Stimme, die ihre Leichtigkeit verloren hatte.
Ja, mit nuklearen Waffen auf beiden Seiten und Einsatz auf beiden Seiten.
Und Sie sind hier, um das zu verhindern? Wie?
Wir werden Gustav Noske weiterleben lassen. Ein Doppelgänger wird an seine Stelle treten, den nicht einmal Frau Noske vom Original unterscheiden kann und potenzielle Abweichungen von seiner bisherigen Persönlichkeit werden dadurch erklärt, dass ihn die Niederschlagung des Aufstands verändert hat. In einer Welt voller traumatisierter Kriegsveteranen ist das eine so einleuchtende Erklärung, dass niemand sie hinterfragt.
Dieser Noske wird der Bluthund werden.
Und dann? Was geschieht nach seinem Sieg?
Lebt er sein Leben weiter, wie es in den Geschichtsbüchern steht, wird alt, stirbt 1946 und wird begraben. Fertig.

Der Skeptiker dachte einige Augenblicke nach.

Welcher Mensch könnte so etwas auf sich nehmen?
Keiner, erwiderte die Anführerin in aller Ruhe.
Nur eine Maschine.
Sie hob etwas die Stimme.
Gustavbitte zeig' dich unserem Freund hier.

Eine der anderen Gestalten trat ins Licht und der Reichswehrminister der Weimarer Republik stand vor dem Skeptiker.
Um zu beweisen, dass er tatsächlich ein Androide war, nahm er seinen Kopf ab, warf ihn einige Male aus der einen Hand in die andere und setzte ihn dann wieder auf, ohne dass am Hals auch nur die geringste Spur zurückblieb. Danach stand er wieder in gelassener Haltung da.

Am nächsten Morgen stand er mit ebensolcher Gelassenheit im Kabinett, sah nach den von wem auch immer geäusserten WortenDann mach' du doch die Sachein die verängstigt-hoffnungsvollen Gesichter seinerKollegenund übernahm eine grössere Verantwortung, als die Historiker je ahnen sollten, indem er mit tödlicher Ruhe sagte:Meinetwegen. Einer muss den Bluthund machen...


Politik ist nicht die Entscheidung zwischen Gut und Böse, sondern ein ständiges Lavieren zwischen verschiedenen Übeln. Man kann sie nicht besser machen, aber jederzeit verschlimmern.