Alltägliche Schätze – Teil 2
- Wasser: Ein buchstäblich lebensnotwendiger Stoff, bei dem aber eine Knappheit nicht zu befürchten
ist. Das deutsche Umweltbundesamt führt sehr genaue Statistiken über seine Verfügbarkeit wie über
den „Verbrauch“, der in Wahrheit gar kein Verbrauch ist, weil das Wasser, das wir benutzen, nicht
verschwindet, sondern wieder in den natürlichen Kreislauf zurückkehrt und von Mutter Natur
unermüdlich gereinigt wird. Wir verwenden pro Jahr weniger als ein Drittel des zur Verfügung
stehenden Wassers und das in einem so dicht besiedelten und hochindustrialisierten Land wie
Deutschland!
Weltweit sieht die Sache ähnlich aus, allein 75 % des globalen Süsswassers sind in polarem Eis
gebunden, was schon Captain Cook im Jahre 1772 entdeckte und diese Ressource haben Cook und
seine Mannschaft, ebenso die paar tausend Leute, die sich in den seither vergangenen 242 Jahren noch
in jene Gegenden wagten, kaum angekratzt. Verdursten werden wir also nicht und wenn westliche
Medien immer wieder Bilder von Wasserknappheit in Afrika oder Asien zeigen, liegt das nicht daran,
dass es kein Wasser gäbe, sondern an der schlechten Infrastruktur, die wiederum auf einen Mangel an
Wissen und Können zurückgeht. Auch dem kann abgeholfen werden und wird vor Ort abgeholfen.
Ach ja: Draussen im Universum gibt es Milliarden Mal mehr Wasser als auf der Erde, was nebenbei der
menschlichen Eitelkeit einen Tritt versetzt, denn wir haben uns immer eingebildet, unsere Welt wäre
die einzige mit Wasser weit und breit und deshalb müssten ausserirdische Invasoren automatisch auf
die Erde kommen, aber heute wissen wir, dass man die Erde ignorieren kann.
- Landwirtschaftliche Nutzflächen: Im Jahr 1900 ernährte ein deutscher Bauer mit seiner Arbeit vier
Menschen, 1950 waren es zehn und heute sind wir bei 143, auf der restlichen Welt sind die Verhältnisse
ähnlich.
Gleichzeitig gibt es immer noch Land, das nicht bewirtschaftet wird. Aus dem Römischen Reich
wissen wir, dass seit dem 1. Jahrhundert n.Chr. zwei Drittel des griechischen Ackerlandes nicht genutzt
wurden, weil es an Arbeitskräften fehlte und dass einige Herrscher sogar Einwanderer dorthin
schickten, die aber auch nicht viel bewirkten, in Sardinien lagen weite Strecken brach, weil
Räuberbanden das Land unsicher machten und im 4. Jahrhundert im übrigen Imperium zehn Prozent
gutes Land, wohlgemerkt: trotz Steuererleichterungen für die Bauern und trotz verbesserter Werkzeuge;
in den Jahren 1835 bis 1839 beobachtete und berichtete Moltke der Ältere, dass im damaligen
Osmanischen Reich etliche fruchtbare Gebiete kaum genutzt wurden, teils wegen schlechter
Verwaltung und daraus resultierender Unsicherheit, teils mangels Sachkenntnis, alle diese Faktoren
wirken in verschiedener Stärke rund um den Globus noch heute und endlich hat das angeblich so
moderne „Urban Gardening“ oder „Urban Farming“ – in Wirklichkeit ebenfalls eine Erfindung der
alten Römer – bisher noch kein ganzes Prozent der dazu geeigneten Flächen ausgenutzt.
- Das alles ist nicht einmal neu. Schon seit mindestens sechzig Jahren sind über diese Themen Bücher
geschrieben worden und später Fernsehsendungen gedreht, die mittlerweile auch im Internet stehen,
von den noch umfangreicheren Daten in der Wikipedia gar nicht zu reden. Es ist also schwer zu
glauben, dass die Hysteriker, die dauernd von Knappheit reden, überhaupt noch Zuhörer finden, aber
sie können sich eben auf die deutsche Dummheit verlassen.
- Schaut man auf die Vergangenheit, so muss die heutige Welt sich geradezu schämen, mindestens aber
den Einfallsreichtum der damaligen Menschen bewundern. In dem Buch „Das Zeitalter des
Absolutismus“ von Maurice Ashley lesen wir über das 17. Jahrhundert: „Der französische Bauer war
nicht nur Gärtner, Feldarbeiter, Blumenzüchter, Weinbauer oder Tierzüchter, sondern auch noch Weber,
Spinner, Schmied oder Hufschmied in einer Person und nicht selten auch noch Gastwirt, Wilderer und
Schmuggler. [...] In der Republik Holland unterstützten die Behörden den Aufbau von Hilfs- und
Zulieferindustrien auch außerhalb des Landes. Man denke nur an Utrecht. Französische Flüchtlinge
bauten eine Seidenindustrie und eine Branntwein-Destillerie auf...“ Und so geht es noch seitenlang, in
Europa wie in Amerika gab es Arbeit genug für jeden, der sie nur machen wollte und Kapital für die
abenteuerlichsten Unternehmungen.
Das beflügelte auch die heute so viel beschworene Flexibilität. Noch einmal Ashley: „Gab es in
englischen Grafschaften wie Hertfordshire oder im hügeligen Sussex und Kent die verschiedensten
zusätzlichen Arbeitsmöglichkeiten, so fehlte eine solche Möglichkeit beispielsweise in Herefordshire.
Deshalb waren die landwirtschaftlichen Arbeitskräfte hier überaus arm und kamen leicht in
Versuchung, aus der Landwirtschaft abzuwandern“ und die „Wirtschaftswoche online“ blickte im Jahr
2001 in einem Artikel über Auswanderung aus Deutschland sogar in eine noch frühere Epoche zurück:
„Schon in der Renaissance folgte Humankapital der Nachfrage quer durch Europa“. Um nur die
berühmtesten Namen zu nennen, Leonardo da Vinci und Christoph Columbus waren Migranten.
Nahezu gleich lautende Berichte haben wir über die Antike, etwa in den Worten des Historikers
Ludwig Friedländer über das kaiserliche Rom: „Gelegenheit zum Erwerb war in Rom auch dem
Ärmsten, wenn er keine Beschäftigung scheute, auf allen Seiten geboten“ und dann folgen 52 Seiten, in
denen in knapper (!) Form aufgezählt wird, wie das damalige Arbeitsleben aussah; andere Jobs wie
Offiziersdienst, internationaler Transport, Priestertümer, Tierfänger, Architektur oder das Organisieren
von Massenveranstaltungen tauchen dabei noch nicht einmal auf, weil sie die Fachkräfte der damaligen
Zeit erforderten und gesondert behandelt werden. Das wird von der modernen Forschung ergänzt, siehe
Alexander Demandts „Geschichte der Spätantike“ von 2008 und diese Forschung selbst ist ja wieder
eine Arbeit von gewaltigen Ausmassen.
Jedesmal arbeiteten die Leute mit dem, was sie hatten, nutzten die Möglichkeiten ihrer Umgebung und
vollbrachten Meisterstücke, die noch Jahrtausende später andere Menschen inspirieren.
Macht das erst einmal besser, ihr modernen Jammerlappen!
- Durch die vielfältigen Veränderungen, die die Welt in den letzten 250 Jahren durchlebt hat und die
sich immer mehr beschleunigen, sind etliche neue Berufe entstanden, die man sich zur Zeit Napoleons
– auch einer der grossen Veränderer – noch nicht einmal vorstellen konnte. Nuklearmediziner,
Aquafarmer, Robotiker und Softwareingenieure sind Beispiele aus den letzten 50 Jahren, aktuell steigt
die Kaufkraft der Chinesen so radikal an, dass in Europa die Gastronomie und der Einzelhandel sich
daran anpassen, indem man Touristiker und „Shopping-Berater“ ausbildet, die sich auf chinesische
Besucher spezialisieren, der Zusammenschluss der ASEAN-Staaten zu einem gemeinsamen Markt ist
das nächste grosse Ding, endlich haben Hunderttausende von Computerspielern und Videofilmern in
aller Welt ihr Hobby zum Beruf gemacht.
Gleichzeitig gibt es in traditionellen Branchen wie Land- und Forstwirtschaft oder im Gartenbau immer
noch genug Arbeit und dem Handwerk tut der Nachwuchsmangel so weh, dass Leute, die früher als
unbrauchbar galten, nun eine Chance bekommen.
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