Montag, 10. November 2014

Alltägliche Schätze - Teil 3


Alltägliche Schätze – Teil 3
- Während die sprichwörtlichen „deutschen Bedenkenträger“ jede Innovation als „Spinnerei“ ansehen, die „sowieso nicht funktioniert“, kann man in der wirklichen Welt eine funktionierende Sache nach der anderen erleben. Einige Beispiele für erfolgreiche Produkteinführungen seit den 1990ern:
1. Eistee. Woher die Vorsilbe „Eis-“ kommt, ist umstritten, der Erfolg solcher Produkte ist es nicht.
2. Energydrinks. Eine Idee aus Südostasien, die von Dietrich Mateschitz, dem Gründer des Red Bull-Konzerns, nach Europa importiert wurde.
3. fritz-kola. Sie wurde erst 2002 kreiert, betrat einen scheinbar völlig gesättigten Markt und verkauft sich doch.
4. LEDs. Diese „Licht emittierenden Dioden“ haben Elektrotechnik und Informationstechnik umgewälzt und mittlerweile verkaufen deutsche Discounter Lesebrillen und Schminkspiegel mit integrierten LEDs, eine Idee wie aus der Science Fiction, die in der Wirklichkeit Geld einbringt.
5. Smartphones. Sie sind noch lange nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern werden gerade durch Smartwatches ersetzt, demnächst durch Implantate und sowohl die Geräte selbst als auch ihre Folgeeffekte sind ein Mega-Milliarden-Geschäft.

- Dann sind da jene Zufallsinspirationen, die jeden Tag auftauchen und von den meisten sofort wieder vergessen werden, während die wenigen Klugen sie aufgreifen und etwas daraus machen. Die ZigarrenmarkeMontechristo, der Musikhit „YMCA, dieMen in Black-Kinofilme und dieEpic Meal Time-Internetvideos, um nur einige Beispiele zu nennen, entstanden alle aus flüchtig hingeworfenen Ideen, die auf fruchtbaren Boden fielen und seither nicht nur Massen an Geld einbringen, sondern auch noch Berühmtheit.

- Ein anderer Aspekt des selben Themas sind monumentale Bauwerke, die vielleicht nur der Laune eines Einzelnen entsprangen und dann allgemein nützlich wurden. Schon beim Bau der ersten ägyptischen Pyramide unter Djoser werden genug Leute gemeckert haben, das sei doch nur Verschwendung von Steuergeldern, in Wirklichkeit aber erwiesen sich die Pyramiden als Touristenmagneten, die seit 4'000 Jahren Geld ins Land bringen und Geschichtenerzähler, Maler und Fotografen inspirieren, die damit wiederum Geld verdienen. Das Gleiche gilt für die Gärten von Versailles, Schloss Schönbrunn, Neuschwanstein oder den Eiffelturm: jene Charaktertypen, die zur Zeit ihrer Entstehung am meisten zu motzen hatten, pflegen heute einen Stolz auf diese Bauwerke, als hätten sie sie eigenhändig errichtet und wenn ihnen daraus Einnahmen zufliessen, zögert kein Moralprediger, sie zu nehmen.
Ein Musterbeispiel, was man sogar aus architektonischen Fehlschlägen noch machen kann, sind sowjetische Industrieruinen, in denen 1979 Andrej TarkowskisStalkergedreht wurde, die seitdem noch Inspirationen für weitere Filmemacher, Fotografen, Schriftsteller und Spieledesigner abgaben sowie aktuell die chinesischenGeisterstädte, die von grössenwahnsinnigen Beamten in die Steppe gebaut wurden, bis die Regierung in Beijing das ausdrücklich verbot. In sage und schreibe 64 Millionen Wohneinheiten (Stand 2013) lebt kein Mensch, aber sie sind gerade deswegen beeindruckende Fotomotive und Filmkulissen, bieten Journalisten Stoff zum Schreiben und wer weiss, was man in fünf oder zehn Jahren daraus machen wird.
Übrigens geben sich auch auf Europas Burgruinen Künstler und Touristen die Klinke in die Hand, es finden jahrein, jahraus Besichtigungen, Fotoshootings, Musikfestivals und sonstige Events statt, die so manchen Euro in die Gegend bringen.

- EineGelegenheit, auf die dieses Wort schon gar nicht mehr richtig passt, ist das Internet. Es ist eben nichtgelegentlichverfügbar, sondern immer und überall, spätestens mit spottbilligen Smartphones, Tablets und Wearables sowie mit dem allmählich entstehenden Open-Source-Netz. Ich bin geradezu süchtig nach Bildung und hole sie mir dort Woche für Woche, weil es unmöglich wäre, so viele Museen, Bibliotheken und Sehenswürdigkeiten in der analogen Welt zu besuchen, so viele verschiedene Schulungen und Vorträge oder mangels eigener Arabischkenntnisse so viele Informationen aus jener Region zu sammeln, wie sie von Al Jazeera English geliefert werden.
Man kann im Netz praktische Hilfe für den Alltag bekommen, etwa für die Reparatur eines Fahrrads, die Installation von Software oder den Umgang mit Essstäbchen, sich sowohl im Allgemeinen über verschiedene Themen informieren mit Dokumentationen und Lexika, die für ein breites Publikum gestaltet sind wie auch so viele Daten zu ein und derselben Sache sammeln, dass es ein komplettes Studium ersetzt, einschliesslich Vorlesungen echter Professoren. Das Programmieren, diese Magie der modernen Welt, lernt man auf der Codecademy und wenn Sie wissen wollen, wie man auch ohne heutige Technik eine arme, ja wahrhaft elende Landschaft zum Blühen bringt, dann lesen Sie z.B. das online verfügbare BuchDer Landarztvon Balzac (Link: http://gutenberg.spiegel.de/buch/der-landarzt-4841/1), 
weitere Klassiker sind etwa dieVorträge über Ingenieur-Wissenschaftenvon 1870, gratis bei Google Books (Link: http://books.google.de/books?id=ayVCAAAAcAAJ&pg=PR1&dq=polytechnischen+schule+zu+aachen&hl=de&sa=X&ei=bshgVJinIcHfPfGhgMgE&ved=0CDMQ6AEwAA#v=onepage&q=polytechnischen%20schule%20zu%20aachen&f=false) 
oderFundgrube - 1000 praktische Tips(Link: http://gutenberg.spiegel.de/buch/fundgrube-1000-praktische-tips-4493/1). Jedesmal kann man sehen, wie man auch auf anderen Technologiestufen als der unseren zurechtkommt 
und in die gleiche Kerbe schlagen Handwerkstechniken (Links: Schmieden: https://www.youtube.com/watch?v=TvTtMmvE3t8; 
Mauern: https://www.youtube.com/watch?v=4iQLxqM8zwM) 
oder was auch immer.
Alle diese Informationen sind gratis, man braucht sie nur zu benutzen und wenn man den Videos einDaumen hochgibt, sind die Macher glücklich.

Die historischen Dimensionen lassen die Bedeutung einer solchen Wissensmaschine noch grösser erscheinen. In der frühen Neuzeit waren Landkarten, die einen noch nicht allgemein erschlossenen Teil der Erde zeigten, eine derart wichtige Informationsquelle, dass sie von den Regierungen als Staatsgeheimnis behandelt und von anderen Regierungen nach Kräften ausspioniert wurden, im 18. Jahrhundert war die Dampfmaschine für alle Geheimdienste das grosse Ding überhaupt, im 20. versuchte der kommunistische Block, dem Westen auf den Fersen zu bleiben und setzte dabei auf Spionage und Technologieschmuggel in gigantischem Ausmass. Besonders dramatisch formulierte Goethe diesen Sachverhalt, denn sein Doktor Faust schliesst einen Pakt mit dem Teufel,dass ich erkenne, was die Welt / im Innersten zusammenhält.
Heute dagegen hat jedes Kind Online-Zugriff auf präzise Landkarten, die durch früher undenkbare Satellitenfotos ergänzt sind, Dampfmaschinen können spielerisch einfach und dennoch exakt gebaut werden, über Kernspaltung wie über Kernfusion kann man per Mausklick alles wissen, was es zu wissen gibt, Baupläne für alle Arten von Flugzeugen, Raketen, Supercomputern und Raumanzügen gibt es gratis und wer nicht selbst bauen will, kauft ebenfalls per Mausklick die Fertigprodukte, ein nagelneuer Raumanzug etwa kostet nur zwölf Millionen Dollar, während Deutschland, in Dollar umgerechnet, pro Jahr über 260 Millionen für Theater- und Filmsubventionen (!) ausgibt.
Es erscheint folglich als Absurdität, technische oder wissenschaftliche Informationen durch Spionage erhalten zu wollen, denn der Kaufpreis für die Dinge, die es noch nicht gratis gibt, ist geringer als der Aufwand für Rekrutierung, Ausbildung und Einsatz eines Spionageteams und mir persönlich ist es unbegreiflich, dass die entsprechenden Webseiten nicht permanent überlastet sind, wo Bildung doch so ungeheuer wichtig ist. Lernt, Leute, lernt, denn man kann niemals genug Wissen haben!

Auch wer Gutes tun will, kann das im Netz nach Herzenslust. Von der Korrektur von Rechtschreibung und Grammatik in der Wikipedia über das Aufbereiten neuer Informationen im Allgemeinen und Antworten auf Einzelfragen, von Geldspenden über das Unterzeichnen von Online-Petitionen bis zur Bereitstellung von Webspace für diesen oder jenen Zweck. Und wer irgendwohin gehen, fahren oder fliegen will, um dort etwas zu leisten, der findet im Internet die beste Route und ein Flugticket ebenso wie eine Umzugsfirma.
Last but not least kann man mit dem Netz an sich Geld verdienen, sei es als Programmierer oder Netzwerktechniker, mit einem Blog oder Vlog, als Verkäufer bei Ebay, professioneller Gamer, Crowdfunder, Sicherheitsexperte, mit Katzenvideos auf Youtube oder als Mitarbeiter beiMechanical Turk,Fanslave,Streetspotr,Cash4feedbackundAppJobber, was alles unendlich viel Arbeit liefert.
Dass einen andere Leute zumExpertenküren, wenn man nur ein bisschen herumsurft und man so auch noch sein Sozialprestige erhöht, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.

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